In Kombination mit der klassischen Mythologie zeigt die Radierung den Einfluss von Henri Matisse auf Picassos Werk, dh feste Bilder, die mit Linien und Schraffuren wiedergegeben werden. Diese Einflüsse erzählen jedoch nur einen Teil der Geschichte. Picasso war schon in jungen Jahren talentiert in der naturalistischen Malerei. Im Laufe seiner Arbeit unterschied der Künstler sein Schaffen dadurch, dass er sich zu verschiedenen Zeiten auf einen bestimmten Stil konzentrierte, zum Beispiel die blaue und die rosa Periode. Neben dem Naturalismus gilt Picasso als Begründer des synthetischen und analytischen Kubismus. Nach Jahren der Malerei in abstrakten Stilen markierten Picasso und andere Künstler in der Nachkriegszeit eine „Rückkehr zur Ordnung“, d.h. die Beseitigung abstrakter Formen und Formen zugunsten eines naturalistischeren Schemas. Hinter Picassos Rückkehr zum Naturalismus standen andere Kräfte.

Der französische Dichter Andre Breton hatte mit seinem Manifest den Surrealismus in Gang gesetzt, eine Kunstform, die Alltagsgegenstände in Malerei und Poesie in ungewöhnliche Gegenüberstellungen stellt. Verbunden mit Träumen und dem Unterbewusstsein hat der Surrealismus auch eine psychische Dimension. Unter Bretons Einfluss gründete Albert Skira in Paris Minotaure, eine surrealistische Zeitschrift. Der Name war kein Zufall, denn der Minotaurus ist eine mythische Kreatur, halb Mensch, halb Stier. Skira beauftragte bekannte Künstler, Zeichnungen und Radierungen für seine Einbände zu erstellen, darunter Picasso, und Bacchic Scene with Minotaur war einer davon.

Die Radierung hat eine flüchtige, traumartige Qualität, die sich scheinbar aus schnellen Strichen zusammensetzt, die sich augenblicklich auflösen könnten. Diese Technik verleiht dem Bild auch eine sexuell aufgeladene Kraft und Erregung. Picassos Surrealismus unterscheidet sich von dem von Renee Magritte und Salvador Dali; Anstelle unwahrscheinlicher Gegenüberstellungen kanalisierte er seine Gefühle über Sex, Begierde und Frauen in diese und ähnliche Radierungen wie Tauromachiai (1934). In der Bacchischen Szene mit Minotaurus ist das Gesicht der Nymphe im Vordergrund merkwürdig verlängert, während vor ihr eine Hand mit einem nicht befestigten Arm winkt. Passend zu dieser grotesken Bildsprache sind die Körper auf der rechten Seite der Zeichnung verzerrt und in unnatürliche Posen verdreht. Zusammen mit dem triumphierend grinsenden Minotaurus und der Figur des Bacchus verstärken diese Bilder das Gefühl, dass wir Zeuge eines Albtraums werden.